Bis heute läuft mir ein kalter Schauer den Rücken herunter, wenn ich an einen bestimmten Fußgängerübergang in Polen komme. Er ist direkt vor dem Campingplatz, auf dem wir im Sommer regelmäßig wohnen. Unser Sohn Joshua war damals noch ziemlich klein.
Wir wollten gerade an den Strand gehen, als Joshua mit seinem Laufrad aus dem Ausgang des Campingplatzes in Richtung Straße rollte. Ich sah von links ein Auto in hoher Geschwindigkeit ankommen, wohl wissend, dass Zebrastreifen in Polen meist eher als Dekoration angesehen werden und weniger als Grund zum Stoppen für Fußgänger.
Ich schrie aus tiefstem Herzen: „Joshua, Stopp!“ Er hörte sofort, was wahrscheinlich sein Leben rettete, denn das Auto donnerte nur einen Moment später an ihm vorbei. Wäre er auch nur zwei Schritte weiter und auf die Straße gelaufen, ein Unfall wäre unvermeidbar gewesen.
Diese Szene hat sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt – nicht nur wegen der Gefahr, sondern wegen einer geistlichen Wahrheit, die sie für mich bis heute verkörpert: „Wer nicht hört – im biblischen Sinn –, der lebt gefährlich.“
Das ist genau die Bedeutung des hebräischen Wortes „schema“. Im Deutschen ist das Wort „hören“ eher etwas Passives. Ein Geräusch entsteht, ein Wort wird gesagt, und es wird dann von jemanden vernommen, gehört. Im Hebräischen ist das anders. Schema bedeutet, so zu hören, dass es zu einer Handlung führt. Es beinhaltet sowohl das Hören als auch den Gehorsam in einem Atemzug. Es gibt kein eigenes hebräisches Wort für „gehorchen“. Hören heißt reagieren.
Und genau das erwartet Gott von uns. In 2. Mose 19,5 (HfA) heißt es: „Wenn ihr nun auf mich hört und euch an den Bund haltet, den ich mit euch schließen will, dann werdet ihr mir mehr bedeuten als alle anderen Völker.“
Und in 1. Samuel 15,22 (HfA) muss sich Saul anhören: „Was denkst du, worüber freut sich der HERR mehr: über viele Brand- und Schlachtopfer oder über Gehorsam gegenüber seinen Weisungen?“ In beiden Fällen verfehlt das Hören ohne das Tun das Ziel.
Deshalb ruft Gott seinem Volk zu: „Bewahrt meine Worte im Herzen, gebt sie weiter, erinnert euch ständig daran – morgens, abends, zuhause, unterwegs … “ (vgl. 5. Mose 6,6-9 HfA).
Gott erwartet dieses „Hören“ nicht nur von uns, er selbst ist ein Vorbild für diese Art des Hörens. In 2. Mose 2,24-25 (HfA) können wir lesen: „Gott hörte (schema) ihr Klagen und dachte an den Bund, den er einst mit Abraham, Isaak und Jakob geschlossen hatte. Ja, Gott hatte die Israeliten nicht vergessen; er wusste, was zu tun war.“
Und David schreibt in Psalm 37,18 (HfA): „Wenn rechtschaffene Menschen zu ihm rufen, hört er sie (schema) und rettet sie aus jeder Not.“
Auch Jesus weist auf den Zusammenhang zwischen dem Hören und dem rechten Tun hin. Er erzählt in Matthäus 7,24-27 er von zwei Männern, die seine Worte hören. Der eine baut sein Haus Fels. Der andere auf Sand. Der Unterschied liegt nicht in der Information, sondern im Gehorsam.
Das griechische Wort, das in diesem Abschnitt verwendet wird, ist „akouō“ (ἀκούω), das gleiche Wort, das die Septuaginta im Alten Testament für die Übersetzung von shema verwendet. Was Jesus aufzeigt, ist, dass ein Hören ohne Gehorsamkeit zur Katastrophe führt. Er zieht eine gerade Linie vom alten hebräischen Verständnis zum Fundament eines Lebens, das nicht zusammenbrechen wird.
Deswegen ist meine Herausforderung an dich heute: Schau dir dein Leben einmal an. Wo hast du Gott schon gehört, aber dieses Hören hat dein Handeln noch nicht geprägt?
Sei gesegnet!
„Die größte Gefahr im Leben besteht darin, dass man zu viel hört und zu wenig handelt“ (Søren Kierkegaard).